Erbrecht Berlin Spandau: Ausschlagung einer in Polen angefallenen Erbschaft durch ein in Deutschland lebendes minderjähriges Kind bedarf der familiengerichtlichen Genehmigung
Nach dem Tod des in Polen lebenden Großvaters, schlug die Mutter des in Deutschland lebenden minderjährigen Kindes beim zuständigen Generalkonsulat die Erbschaft aus, da der Nachlass überschuldet sei. Da nach polnischem Recht hierfür jedoch eine Genehmigung des Vormundschaftsgerichts notwendig ist, beantragte sie eine solche bei einem deutschen Familiengericht, welches wegen des Wohnsitzes des Kindes zuständigen ist. Das mit der Sache befasste Amtsgericht Saarbrücken lehnte die Erteilung einer Genehmigung ab, weil es der Ansicht war, die Frage nach der Genehmigungsbedürftigkeit der Ausschlagung richte sich gem. Art. 8 Abs. 1 Brüssel IIa-VO, Art. 21 EGBGB nach deutschem Recht. Entsprechend § 1643 Abs. 2 BGB bedürfe die Erbausschlagung im vorliegenden Fall keiner familiengerichtlichen Genehmigung, sodass diese nicht zu erteilen sei.
Dieser Auffassung wiederspricht das Oberlandesgericht Saarbrücken in seiner Entscheidung über die von der Antragstellerin eingereichte Beschwerde.
Einschlägige Zuständigkeitsnorm sei zunächst einmal nicht Art. 21 EGBGB, sondern der gem. Art. 3 Nr. 2 EGBGB vorrangige Art 15 Abs. 1 KSÜ (Haager Kinderschutzübereinkommen).
Nach Art. 15 Abs. 2 KSÜ kann das international zuständige Gericht ausnahmsweise das Recht anderer Staaten anwenden oder berücksichtigen, wenn der Sachverhalt hierzu eine enge Verbindung hat und soweit es der Schutz der Person oder des Vermögens des Kindes erfordert. Die Pflicht der Berücksichtigung des polnischen Rechts sieht das OLG Koblenz im vorliegenden Fall als gegeben.
Das polnische Recht schreibt für eine wirksame Ausschlagung des Erbes durch die gesetzlichen Vertreter eines minderjährigen Kindes eine familiengerichtliche Genehmigung vor und zwar auch in solchen Fällen, in denen das fremde Recht eine solche nicht vorsieht, Art. 101 § 3 FVGG (polnisches Familien-und Vormundschaftsgesetzbuch).
Ein wirksamer Schutz des Vermögens des Kindes sei mit Rücksicht auf die von der Mutter des Kindes behauptete Überschuldung des Nachlasses nur erreichbar, wenn die nach polnischem Recht erforderliche Genehmigung erteilt werde, mit der die Erbschaft sodann ausgeschlagen werden könne.
Die entscheidende Frage sei, ob eine Genehmigung nach den von der deutschen Rechtsprechung entwickelten materiell-rechtlichen Grundsätzen zu erteilen ist. Dies habe das Amtsgericht nicht geprüft, weswegen der Beschluss nach § 69 Abs. 1 S. 2 FamFG aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen sei. Da das Amtsgericht in der Sache noch nicht entschieden habe und weitere Ermittlungen zu der Frage der tatsächlichen Überschuldung des Nachlasses erforderlich seien, sei eine eigene Sachentscheidung des Oberlandesgerichts nicht angezeigt.